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Bist du Türke Bruder? Necati Güler

Bist du Türke Bruder?

Im Jahr 1999 begann ich über eine Leiharbeitsfirma in einem BMW Werk in Deutschland zu arbeiten.

Morgenschicht, erster Tag … Mir wurde gesagt, ich würde in der Lackiererei am Band arbeiten. Ich gehe zu dem Ort … Arbeiterfreunde kommen nacheinander … Ich beobachte die einzelnen Arbeiter neugierig … Und die Glocke läutet, das Band beginnt zu laufen … Autos fangen an, immer weiter zu am Fließband vorbeizufahren …
Meine Aufgabe ist es, mit Hilfe eines speziellen chemischen Materials die Rückstände vom Lackieren der Karosserie zu entfernen … Gegenüber von mir steht ein anderer Migrant, der die gleiche Arbeit auf der anderen Seite macht. Offensichtlich ist er ein Meister des Jobs und er wurde hierher gebracht, um mich am ersten Tag einzuweisen.
Nach kurzer Zeit stellt er mir die erste Frage:

Bruder, bist du Türke?

Aha, ihm wurde vom Vorarbeiter gesagt, dass ich aus der Türkei bin.

Ich komme aus der Türkei, ich kann türkisch, aber ich bin kein Türke, antworte ich.

Er schluckt vor Überraschung.

Was meinst du, du kommst aus der Türkei, sprichst türkisch, dann bist du Türke.

Ich sage nein, zum Beispiel lebst du in Deutschland und sprichst deutsch.

Er sagt ja.

Dann bist du deutsch.

Natürlich nicht, ich bin Türke.

Siehst du, ich meine, eine Sprache sprechen zu können bedeutet nicht, dass du dich mit der Nation identifizieren musst.
Ich spüre an seinem fragenden Blick, dass er das nicht versteht.
Ich versuche es ausführlicher zu erklären.
Zuerst, ich bin der Necati, und du?

Zeki, antwortet er.

Angenehm, Bruder Zeki. Es gibt Menschen, die in der Türkei leben, deren Muttersprache anders ist, aber zwangsläufig türkisch sprechen. Zum Beispiel Armenier, Griechen, Tscherkessen, Kurden, weißt du das?

Ich weiß.

Ich bin Kurde.

Es ist egal. Die Kurden sind unsere Brüder. Ich habe keine Feindschaft gegenüber den Kurden. Aber wenn es um die PKK geht, hört die Freundschaft auf.

Ich habe auch keine Probleme mit den Türken. Die Türken sind auch meine Brüder. Aber wenn es um die MHP (Graue Wölfe) geht, hört die Freundschaft für mich auch auf.

Ich bin Anhänger der MHP. Beim Tod vom Basbug (Gründer der MHP) habe ich sehr geweint.

Eigentlich bin ich ja nicht PKK Anhänger. Aber in solchen Fällen sage ich normalerweise immer, dass ich es sei.
Ich bin PKK Anhänger. Was machen wir jetzt?

Kein Ton …

Bis zur ersten Pause arbeiten wir ohne zu reden. Hin und wieder treffen sich unsere Blicke beim gegenseitigen Mustern. Zuerst sehr hart.
Ich frage mich, ob die Blicke sich allmählich verändern und weicher werden.
Die Pause ist vorbei. Das Band beginnt wieder zu laufen. Und wir arbeiten mit den gleichen Routinebewegungen.

Zeki stört die Stille: Warum wollt ihr unsere Heimat teilen?

Wessen Heimat? frage ich.

Unsere Heimat, nämlich die Türkei, sagt er.

Türkei, wo lebst du in der Türkei?

Yozgat

Hast du Landbesitz in Yozgat?

Ja.

Die Heimat ist also das Land?

Er sagt ja.

Die Türkei ist die gemeinsame Heimat aller Menschen, die in dem Gebiet als Ganzes leben?

Ja

Gemeinsames Heimatland ja, aber nicht jeder hat davon den gleichen Nutzen. Weil es für dich nicht ausreicht, bist du auch nach Deutschland gekommen. Wie viele Hektar Land hast du in Yozgat?

12 Hektar

Also hat jeder im Dorf 12 Hektar Land?

Nein, einige Gauner haben mehr, fast 200.

Wir können also nicht alle gleichermaßen von der gemeinsamen Heimat profitieren?

Schweigen

Ich fahre fort: Zum Heimatland müssen wir einen Teil von Zypern dazu fügen. Das bedeutet, dass sich unser Land vergrößert hat.

Sein Augen strahlen vor Stolz. Ja.

Wie viele Hektar hast du von dem neuen Land bekommen? Haben sich deine 12 Hektar Land vergrößert?

Nein.

Nehmen wir an, dass die Kurden sich von der Türkei abtrennen und ab Diyarbakir eine Grenze ziehen und Kurdistan nennen, werden deine 12 Hektar dann weniger?

Nein, natürlich nicht.

Also kam damals der Staat zu dir und sagte: „Lieber Zeki, wir haben neues Land in Zypern gewonnen, davon bekommst du einen Hektar?

Nein.

Dann kommt der Staat zu dir und sagt: „Hakkari und Diyarbakir haben uns verlassen. Jetzt hat sich unser Land reduziert, deshalb müssen wir etwas Land von Ihren 12 Hektar wegnehmen.“?

Nein, das sagt der Staat nicht.

Also, was hast du dann an Verlust? Vielleicht kommt auch das Geld, das sie dann nicht mehr für diesen Krieg ausgeben werden in Form von Wasserversorgung, Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung auch dir zugute? Ganz zu schweigen davon, dass dann keine Menschen mehr sterben müssen.

Kein Ton

Wir arbeiten zwei Wochen zusammen. Wir führen Gespräche über viele Themen wie Vaterland, Nation, Religion, Staat …
Zwei Wochen später schicken sie mich in eine andere Abteilung.

Bei der Verabschiedung sagt Zeki: „Bruder, ich hätte gerne , dass du eines Tages zu unserer Moschee kommst und dem Imam erzählst, was du mir erzählt hast. Deine Erzählungen sind sehr wahr, aber der Imam sagt andere Dinge. Ich bin sehr verwirrt.“.

Warum nicht, was dieser Imam wohl den Menschen alles erzählt?

Das Geschriebene ist eine Erinnerung, die mir wieder eingefallen ist. Ich wollte sie erzählen, da es in diesen Tagen, in denen das nationalistische und rassistische Kriegsgeschrei wieder überall zu hören ist, vielleicht helfen würde ein wenig nachzudenken.
Selbst wenn Rojava eingenommen wird, wächst niemandes Land um einen Meter.

Oktober 2019

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